Mit dem Fahrrad von Kaufbeuren nach St. Petersburg
02.06.2019 - Tag 24: Kunda - Narva (120 km, 264 Hm)

Heute war ein kühler und kühler Tag mit einem kräftigen, kalten Wind. Nach einem kurzen Frühstück war ich gerade dabei, meine letzten Sachen zu packen und mich anzuziehen, als es an meiner Tür klopfte. Danach wurde daran gerüttelt und schließlich aufgeschlossen. Ich hatte gerade noch meine Hose anziehen können. In der Tür stand die alte Frau von gestern Abend zu deutete mit aufgerissenen Augen in die Küche, in der gestern mein Fahrrad stand. Als ich ihr dann auf mein Fahrrad in meinem Zimmer zeigte, war sie sichtlich erleichtert. Sie dachte wohl, das Fahrrad wäre gestohlen worden.

Ich verließ das Zimmer und startete. Weit kam ich nicht, da musste ich umdrehen, da die vom Navi gezeigte Route nicht so wirklich befahrbar war. 

Bald war ich auf der Straße in Richtung Viru-Nigula.

In Viru-Nigula stoppte ich an einem alten Friedhof, bevor ich die beschauliche Landstraße verließ und zurück auf, die schon von gestern bekannte, E20 fuhr. Dies war zwar nicht die schönste Strecke, aber wahrscheinlich die materialschonendere Variante. Da heute Sonntag war, waren wenig LKW unterwegs und der Randstreifen war breit genug.

Nach etwas mehr als einer halben Stunde war ich wieder der Ostsee ganz nah.

Die Wolken wurden immer dunkler, sahen aber über den gelben Rapsfelder irgendwie gut, aber auch bedrohlich aus.

Ich kam meinem Ziel näher, auf einem Verkehrsschild wurde St. Petersburg das erste Mal aufgeführt. Nach 208 km, zumindest auf der Hauptstraße. Für mich also etwas mehr, aber ich war auf dem richtigen Weg.

      

Bei Jöhvi kam von rechts eine Straße und plötzlich war die E20 zu einer autobahnähnlichen Straße geworden. Also so richtig, mit Mittelleitplanke und schmalem Seitenstreifen. Mit kamen ja Zweifel, ob ich hier fahren durfte, ich kam aber auch nicht so richtig runter. An einer Tankstelle fragte ich sicherheitshalber nach, bekam aber keine eindeutige Antwort von dem Familienvater, der Englisch konnte. Aber ich hatte nicht wirklich eine Wahl und so fuhr ich weiter. Ein paar hundert Meter später war wieder alles gut, die Straße verengte sich wieder zu einer normalen Straße.

Kurz hinter Sinimäe bog ich links in Richtung Meer ab. Die letzten Kilometer nach Narva wollte ich noch auf einer anderen Straße fahren. 

Hier kam ich an einem seltsam geschmückten Baum vorbei. Was es mit den ganzen bunten Bändern auf sich hat, habe ich leider nicht heraus gefunden. War aber trotzdem interessant, so etwas hatte ich noch nie gesehen.

Weiter ging's nach Narva-Jõesuu, einem Ort etwas 14 km von Navra entfernt, direkt am Meer. Hier fuhr ich auch an der örtlichen orthodoxen Kirche vorbei. Einer kleinen Holzkirche aus dem Jahre 1868.

Ein Stück weiter war dann ein Park mit großem See in der Mitte, in dem die Pärchen flanierten. 

Als ich den Ort bereits verlassen hatte, kam ich an einem der vielen Denkmäler vorbei. Ich habe aber auch hier nicht ergründen können, für was dieses Denkmal stand.

Weiter ging es in Richtung Narva, bald auf einem schön gemachten Radweg. Leider waren da Pflasterarbeiten angesagt, so dass ich immer wieder absteigen musste.

Als ich dann Narva erreichte, waren die Straßen nass, ich hatte den Regenschauer wohl knapp verpasst. Gut so, ich hatte auf der Tour schon genügend Regen abbekommen.

Weiter in der Stadt, nahe der russischen Grenze, stand diese Ausgeburt an architektonischer Kunst. Auf dem Wohnhaus wurde ein Wasserspeicher aufgesetzt.

Kurz nach dem Grenzübergang, den ich links liegen ließ, erreichte ich dann auch meine heutige Unterkunft, das Narva Hotell. Das Fahrrad nahm ich, nach einiger Diskussion mit der Dame hinter dem Tresen, mit auf's Zimmer. Da wo es halt hingehört...

Nach dem Duschen noch etwas die Stadt erkundet und zur evangelisch-lutherische Alexanderkirche gelaufen. Diese, bei der Erbauung 1881-1884 größte Kirche Estlands, wurde in der Nachkriegszeit wiederaufgebaut, nachdem sie 1944 zerstört wurde. Der Glockenturm wurde dann 2007/2008 rekonstruiert. Bis auf den Turm ist die Kirche in einem ziemlich schlechten Zustand. Schade eigentlich.

Etwas weiter, direkt an der Narva hatte man einen einzigartigen Blick: links Estland und damit die EU, rechts Russland, getrennt durch den Fluss und einen Brücke. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie sich früher die beiden Burgen als Bollwerke gegenüber standen.

Dann ging ich zurück, am Hotel vorbei in Richtung Russisch-orthodoxe Auferstehungskathedrale. Auf dem Weg dorthin sah ich einen Radler mit Kopftuch und Packtaschen am Fahrrad in Richtung meines Hotels fahren. Ich sollte ihn später wiedersehen. Aber erstmal die Auferstehungskirche angeschaut und eine Geocache geborgen.

Als sich dann ins Hotel zurück kam, stand der Radler von vorhin am Tresen und checkte ein. Fritz war vom Bodensee aus gestartet und hatte zu Beginn eine andere Route gewählt. Schon lustig, dass man hier oben, so weit von der Heimat entfernt, jemanden trifft, der, zumindest annähernd, aus der gleiche Gegend kommt. Da wir beide im Hotel essen wollten, bestand die Chance, dass wir uns nachher wiedersehen.

 

Als ich ins Restaurant kam sah Fritz am Tisch und wie aßen gemeinsam zu Abend. Da Essen war lecker (als was anderes als Schnitzel, was es meist in den Lokal auf dem Land gab) und der Abend total nett.

Morgen würde spannend werden, die ersten Kilometer in Russland standen an und ging es halbwegs früh ins Bett.

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