Mit dem Fahrrad von Kaufbeuren nach St. Petersburg
25.05.2019 - Tag 16: Utena - Birzai (134 km, 429 Hm)

Der Tag begann verheißungsvoll. Die Sonne schien, die Temperaturen waren angenehm. Und es war kein Regen vorausgesagt. So startete ich nach dem Frühstück um kurz vor 8 Uhr. Als Erstes wollte ich einen Fahrradladen aufsuchen, um den Luftdruck der Reifen zu kontrollieren. War gar nicht so einfach, den Laden zu finden. Er lag nämlich mitten in einem Wochenmarkt. Eine nette Frau zeigte mir den Weg, da ich den Laden alleine nie gefunden hätte. Die Freude war nur von kurzer Dauer, der Laden hatte keine Luftpumpe da, die den Reifendruck erzeugen hätte können. Musste also auch so gehen...

Da die Stadt nicht sonderlich groß war, hatte ich den Stadtrand bald erreicht. Die Hochhäuser am Rande der Stadt sahen ziemlich mitgenommen aus.

Dafür war der Radweg entlang der Straße klasse ausgebaut. 

      

Die Landschaft war wunderschön. Mir fielen wieder die vielen Storchennester am Wegesrand auf. Und in den meisten Nestern saßen Störche drin. Die gibt es hier oben wie Sand am Meer.

Besonders schön waren die gelben und grünen Häuser, die hier überall standen und schön in der Sonne leuchteten.

Die Straßen waren, ganz im Gegensatz zum Radweg vorhin zwischenzeitlich immer schlechter. Die Seitenstreifen waren entweder gar nicht mehr da oder waren geschottert, so dass sie für mich nicht befahrbar waren. Nur eine Sache blieb konstant: Die Busfahrer fuhren auch hier ohne Rücksicht auf Verluste. Wie eigentlich überall, wenn man von einigen wenigen Busfahrern absieht.

Auch hier standen überall am Straßenrand Kreuze. Allerdings waren die Kreuze hier geschnitzt. Da haben sie sich richtig viel Mühe gegeben. So etwas hatte ich bis dato in dieser Form noch nie gesehen.

Bei Kupiskis war dann die Straße, die ich eigentlich befahren wollte, gesperrt.

Ein Blick auf das Navi zeigte mir jedoch, dass ich problemlos auf die Hauptstraße wechseln konnte, auf die ich später eh gekommen wäre. Zwar nicht schön zu fahren, aber immer hin kein großer Umweg, dachte ich zumindest. Denn wenig später war auch diese Straße gesperrt. Aber immerhin war eine Umleitung ausgeschildert. Nach rd. 1 km kam dann auch das zweite Schild, das war's dann aber auch. Die nächsten 18 km ging es auf Verdacht weiter.
Erst versuchte ich mein Glück bei einem entgegenkommenden Radfahrer. Die Kommunikation war schwierig und ging letztendlich schief. Also auf Verdacht weiter der Straße entlang. An einer Tankstelle stoppte ich dann zur Nahrungsaufnahme und fragte nach dem Weg. Leider sprach die Dame nur sehr schlecht Englisch, aber sie erklärte mir, dass kurz nach der Tankstelle ein Weg abzweigte, der auf meine eigentlich Route führen sollte. Allerdings müsste ich mein Fahrrad so 3-4 km schieben oder tragen, da es ein Weg mit grobem Schotter wäre. Dann kam ein ganzer Bus voller Schüler, die sollten ja zumindest Englisch können. Aber Pustekuchen Russisch ja, aber nur die Lehrerin konnte Englisch. Da es mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht in den Sinn kam, über einen Feldweg das Rad zu schieben, tragen oder sonstwas damit zu machen, fuhr ich erstmal die Straße weiter. Kurze Zeit später wartete auf der Gegenfahrbahn eine junge Frau auf den Bus, da wollte ich mein Glück nochmal versuchen. Klasse, genau in dem Moment, als ich die Bushaltestelle erreichte, kam der Bus. Ich fragte den Busfahrer, der dann wiederum die junge Frau fragte, die gerade eingestiegen war, wie ich denn weiter käme. Die junge Frau erklärte mir dann den Weg. Die Straße hatte ich auf dem Navi auch schon gesehen, allerdings war da zwischendrin eine Lücke, was ich später auch verstehen würde. Egal, erstmal wusste ich weiter und der Bus setzte mit einigen Minuten Verspätung seinen Weg fort. Es gibt sie also doch, nette Busfahrer. Ich fuhr und fuhr und fragte an einer Tankstelle nochmal nach. Dort erzählte mir ein junger Mann, dass ich nicht die erste, sondern erst die zweite Straße nehmen sollte, da dort der "dirty road" kürzer wäre. War aber auch 7 km länger. Als ich von der Tankstelle weider auf die Straße fuhr, sah ich auch ein weiters Umleitungsschild.

Das nächste Umleitungsschild zeigte nach rechts in eine Straße. Wie war das nochmal gewesen? Nicht die erste Straße, sondern die zweite nehmen. Die Straße sah aber gut aus. Und außerdem werden die ja wohl kaum eine "dirty road" als Umleitung ausweisen, dachte ich zumindest. Kurz danach endete die asphaltierte Straße und ging in eine Schotterpiste über.

Und das blieb auch die nächsten 12 km so. Kaum mit dem Rennrad befahrbar. Kleine Wellen quer zur Fahrbahn ließen das Rad schütteln, dass ich schon dachte, jeden Moment reißt eine Speiche. Die Autos und LKW fuhren mit einem Affenzahn über die Piste (klar, dann liegt die Karre ruhig) und zogen eine Staubfahne hinter sich her. Jede Menge Staub gefressen. Teilweise musste ich das Rad schieben, da es echt nicht mehr ging. Und jetzt wurde mit auch klar, warum auf dem Navi die Straße teilweise nicht eingezeichnet war: Alles was fehlte war der Schotterteil. Und es fehlte verdammt viel...
Zwischendurch kamen aus einem Hof in "The Middle of Nowhere" zwei so kleine Fußhupen kläffend raus gerannt. Klar waren die klein, aber halt auch zu zweit. Wenn ich nach einem getreten hätte, hätte ich den anderen in der Wade hängen gehabt. Das hatte mir gerade noch gefehlt.

Nach etwas 1 Stunde erreichte ich dann wieder eine asphaltierte Straße. Der Spuk hatte ein Ende...

      

Kurze Zeit später fuhr ich durch Vabalninkas, ein kleines Örtchen mit einigen in die Jahre gekommenen Häuschen, aber einer Kirche, die top in Schuss war.

Etwas später, bei Mieliunai kam ich wieder an einem dieser Kreuze am Straßenrand vorbei, so dachte ich zumindest. Es stellte sich als ein Art Totem dar, aber mit christlichem Hintergrund. Schön, aber etwas seltsam und außergewöhnlich.

In Birzai dann der erste Hinwies auf Riga. Die nächste Hauptstadt war also nicht mehr weit weg.

Um Ufer des Flusses Agluona zeigte sich ein idyllisches Bild. Einfach traumhaft...

So gegen 14:30 Uhr erreichte ich meine heutige Unterkunft "Avanti apgyvendinimas-restoranas". Es war irgendwie komisch, alles verschlossen, obwohl lt. Buchungsbestätigung die Rezeption zwischen 14:00 und 16:00 Uhr offen sein sollte. OK, sie haben mich wohl versucht anzurufen, während ich auf dem Fahrrad saß. Ich telefonierte kurz und runde 10 Minuten später kamen zwei Damen angefahren. Die Inhaberin und ihre Tochter, die als Übersetzerin fungierte. Alles geklärt und das Zimmer bezogen. Ich hatte bei 23€ ja mit allem gerechnet, aber nicht mir einem so schönen Zimmer.

Nach dem Duschen etwas herumgelaufen und für den morgigen Tag eingekauft, bevor ich dann ich die Pizzeria gelaufen, die mir die Wirtin empfohlen hat. War ein komischer Laden. Eher ein Lieferdienst mit ein paar Tischen drin, war aber auch egal. Jedes Getränk musste extra bezahlt werden, wenn man es an der Theke holte. Da ich erst noch mein Tagebuch schreiben wollte, trank ich erstmal in Bier und schrieb. Irgendwie passte das der Dame hinter dem Tresen nicht, denn sie kam zwei mal an den Tisch und gab mir zu verstehen ich solle doch bestellen. Sah ich irgendwie nicht als so dringend an, zumal der Laden fast leer war. Irgendwann aß ich dann die nicht sonderlich gut Pizza, aber Hauptsache ich war satt. 
Anschließend dann zurück ins Hotel und den Tag ausklingen lassen.

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