Mit dem Fahrrad von Kaufbeuren nach St. Petersburg
15.05.2019 - Tag 6: Sokolowsko - Oels (Olsenica) (133 km, 613 Hm)

Nach dem Aufstehen blickte ich erst einmal durchs Fenster und es traf mich fast der Schlag: Es schneite! Und die Wetter-App zeigte 2°C. 

Zum Frühstück gab es heute dann noch den restlichen Käse auf Brot, sowie eine halbe Tafel Schokolade. Anschließend in die komplette Regenmontur gesprungen und mein Fahrrad geschnappt. War auch gut so, weil draußen war es wirklich kalt und nass. 

Erstmal zurück zur Hauptstraße und dann bergauf. Es war der einzige nennenswerte Aufstieg heute, was auch gut war. Es machte nämlich keinen Spaß bei Nebel und Schnee bzw. Regen bergauf zu krabbeln. Oben blieb der Schnee dann auf dem Randstreifen teilweise liegen.

Richtig lustig wurde es aber bei der Abfahrt: Durch die Brille war fast nichts zu sehen, da sie vom Regen und der kondensierendem Atem eigentlich ziemlich zu war. Zudem wurde der Nebel dichter. Und wenn die Polen die Geschwindigkeit wegen der schlechten Straße auf 40 km/h reduziert wird, verheißt das wirklich nichts gutes. Entsprechend langsam war ich bei der Abfahrt, aber dafür bin ich und mein Fahrrad auch gut unten angekommen. Kurze Zeit später die nächste Umleitung, aber glücklicherweise ohne großen Umweg.

Bei Kraszowice stoppte ich an einer Tankstelle, um das 2. Frühstück einzunehmen. Ich tropfte natürlich alles voll, wie ich da so zitternd vor Kälte an der Theke stand und anschließend auf dem Hocker am Tisch saß. Der Herr hinter der Theke kam zu mir an den Tisch und erzählte mir, dass er 3 Jahre lang mit einem 3,5 Tonner als Transporteur durch Deutschland gefahren ist. Irgendwie war ich etwas verunsichert, als er mich fragte, ob ich keine Angst hätte, so allein durch Polen zu fahren. Etwas beängstigend, wenn ein Pole so etwas fragt. Wie auch immer, ich musste zurück in Kälte und Regen, es sollte heute so bleiben.

Und so fuhr ich weiter im Regen auf den Landstraßen Polens. Es wäre sicherlich schön gewesen hier, wenn nicht alles grau in grau gewesen wäre.

Wie vor allen größeren Städten waren die Radwege vor Breslau wieder richtig gut. Toll ausgebaut, teilweise aber gepflastert, so dass man auf dem Rennrad ordentlich durchgerüttelt wurde.

Schade war aber, dass hier die gleichen Läden wie in allen Einkaufszentren Europas vorzufinden waren. Ich kam mir vor, wie bei uns um die Ecke.

Eine Stadtankunft ist immer etwas langwierig und so war ich froh, dass ab und an auch mal eine Kirche auftauchte für etwas Abwechslung sorgte. Aber auch hier sorgte das Wetter dafür, dass keine so richtige Freude aufkam.

Im Stadtzentrum angekommen, kaufte ich im Hard-Rock-Cafe ein T-Shirt für meinen Sohn und sagte Bescheid, dass ich mein Fahrrad vor dem Lokal stehen lassen würde, während ich um die Ecke zur Post lief und das T-Shirt nach Hause schickte. Weil Patz hatte ich im Gepäck für so einen Schmarrn keinen. In der Post kaufte ich dann noch schnell einen entsprechenden Umschlag und gab das Päckchen auf. Als ich zurück zum Hard-Rock-Cafe kam stockte mir der Atem. Mein Fahrrad war weg! Als ich näher kam sah ich mein Fahrrad wieder. Irgend jemand hatte es von der Außenseite der Terrasse auf die Terrasse gestellt. Also schnell wieder rauf auf's Rad und weiter. 

Erst ging es auf Radwegen raus aus Breslau, dann aber musste ich auf einer 2-spurigen Straße fahren. War nicht wirklich ein Spaß...

Auf meinem Weg tauchte wieder einmal ein Friedhof auf.

Nach einer kurzen Rast zum Futter fassen ging es dann weiter, bis ein Schild die Weiterfahrt für Radler und Fuhrwerke verbot. Den Text unter dem Schild konnte ich mittels der Übersetzungs-App gut übersetzen, es machte jedoch für mich erstmal wenig Sinn: "auf der Fahrbahn". Hä? Etwas weiter am Straßenrand standen zwei alte Herren und ich fragte nach. Ach so, ich durfte nicht auf der Fahrbahn fahren, jedoch auf dem Seitenstreifen. Na dann schauen wir mal. 

Ging alles gut und so kam ich dann in meiner heutigen Unterkunft, dem Hotel Amber an. Ich wurde gleich mit "Da ist ja der Radler" begrüßt. Der junge Mann an der Rezeption konnte hervorragend Deutsch (er ist im Ruhrpott aufgewachsen und erst vor 2 Jahren zurück nach Polen gezogen). Allerdings meinte er, dass es ein Problem geben würde, da er für so ein teures Fahrrad keine Lagermöglichkeit hätte. Und auf's Zimmer nehmen könnte ich es auch nicht, da keine Fahrräder mit aufs Zimmer genommen werden dürfen. Wir einigten uns darauf, dass es sich bei dem Fahrrad um eine Rennmaschine handelt und Rennmaschinen dürfen natürlich mit auf's Zimmer genommen werden, ist ja kein Fahrrad. Na also, wo ein Wille, da auch ein Weg.

War auch gut so, da alles, aber auch wirklich alles, was am Fahrrad hing getrocknet werden musste. Die Sachen in der Satteltasche waren völlig durchnässt, die Klamotten sowieso. Es war zwar nur ein Satz Handtücher im Bad aber es war da auch  ein funktionierenden Heizkörper (den hab ich natürlich erstmal voll aufgedreht), war erst mal waschen angesagt. Die gewaschene Wäsche und das Handtuch habe ich dann an den warmen Heizkörper gehängt, in der Hoffnung, die Wäsche (incl. Handtuch) ist nach dem Essen trocken.

Zum Abendessen ging es, mangels Alternative, in das hoteleigene Restaurant. Das Essen war echt lecker, aber die Portion war, ich drücke es mal nett aus, überschaubar. Mit einem weiteren Bierchen konnte die Kalorienzufuhr dann aber doch auf das notwendige Maß angehoben werden.

Nach dem Essen dann noch die Sachen aus der Satteltasche rumgedreht, damit auch die andere Seite trocknen konnte und die Abendgarderobe durchgewaschen. Hoffentlich wird das Wetter morgen besser: Es stand die längste Etappe der ganzen Tour auf dem Programm.

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