Mit dem Fahrrad von Kaufbeuren nach Rom
06.06.2016- Tag 12: Campagnano di Roma - Rom (43,2km, 339Hm)

Am letzten Tag meiner Tour schlief ich erst einmal etwas länger. Blöderweise fand ich in der Küche keine Steckdose für den Schuko-Stecker des Toasters, so dass ich das Brot halt ungetoastet essen musste. Da die heutige Etappe eh recht kurz war, hatte ich auch keine Eile. Und so verließ ich die Wohnung erst so gegen Viertel vor 10 Uhr und gab den Schlüssel wie vereinbart in der nahegelegen Bar ab. Dort fragte ich auch nach dem Weg nach Formello. Ein Gast der Bar erklärte mir den Weg und zeichnete den Weg zur Sicherheit auch noch auf.

 

Aber erstmal wieder den Berg hoch.

 

Die  Aussicht war wieder super, da lohnt sich auch die Anstrengung. Obwohl, ich hatte die ganze Zeit Angst um den Reifen, weil besser wurde er nicht. Kurz nach der Abzweigung nach Formello kam mir eine Gruppe von 3 Rennradlern entgegen. Leider hatten sie auch keinen Reifen dabei, aber sie sagten mir, dass es in Formello einen Fahrradladen gibt. Noch 4km musste der Reifen halten, dachte ich zumindest. In Formello angekommen fragte ich verschiedene Menschen, wo ein Fahrradladen sei. Keiner wollte mich verstehen. Ein Pärchen sagte mir dann mit ein paar Brocken Englisch, ich solle mal in der Pizzeria hinter ihnen fragen. Dort sagte man mir, dass in 2km an der Tankstelle links ein Fahrradladen wäre. Ich war gerade losgefahren, da hörte ich hinter mir, wie jemand "Michael" rief. Komisch, mitten in Italien rief jemand meinen Namen. Und nochmal "Michael". Dann sah ich ihn, Jürgen von gestern Abend. Sie waren heute morgen frühzeitig los gelaufen, um in den kühlen Morgenstunden möglichst weit zu kommen. Mira und Jon waren aber irgendwo zurück geblieben, da sie einen entlaufenen Hund gefunden hatten und auf die Polizei warteten. Wir entschlossen uns, in einer nahegelegenen Bar erstmal ein zweites Frühstück einzunehmen. Kann ja nicht schaden. So saßen wir da und Jürgen versuchte, für die Generalaudienz am Mittwoch im Pilgerbüro noch Karten zu bekommen. Obwohl die Generalaudienz schon voll belegt war, gab es für Pilger, die weite Wege zu Fuß unterwegs waren noch Karten. Gut zu wissen...

Unsere Wege trennten sich nach dem Barbesuch wieder und ich fuhr weiter in Richtung Rom. Irgendwann kam dann auch auf der linken Straßenseite die beschriebene Tankstelle. Ich sah aber keinen Fahrradladen. Auch ein Nachfragen in der Tankstelle brachte keinen Erfolg, bis sich ein Kunde einmischte. Er erzählte mir, dass etwa 200m links ein Fahrradladen sei. Komisch, ich sah nur Lagerhallen. Aber ich fuhr in die genannte Richtung und siehe da, da war tatsächlich ein Fahrradladen.

Ich also mit meinem Fahrrad rein in den Laden und mein Problem geschildert. Der Chef erklärte mir gestenreich auf Italienisch, dass es gefährlich sei mit dem Reifen zu fahren, da selbiger platzen und ich stürzen könnte. Klar, wusste ich auch. Aber was soll's, 20 Minuten später war ein neuer Reifen drauf und ich bezahlte 30€. Jetzt konnte es beruhigt weiter gehen.

In La Storta fuhr ich noch zur Kirche hinauf, irgendwie war es doch schade, dass ich so nahe am Ziel war. Irgendwie versuchte ich, wie damals vor Santiago die Compostella, die Ankunftszeit hinauszuzögern. Komisch eigentlich, aber mir war danach...

Und weiter ging's nach Rom. die Straßen wurden immer breiter und der Verkehr immer wilder. Irgendwann überquerte ich den Tiber über die Ponte Flaminio. Ich war fast da...

    

Ich fuhr den Tiber entlang, irgendwann bin ich dann auf den Radweg direkt am Ufer gewechselt und radelte diesen entlang. Ich fuhr so entspannt, dass ich beinahe die Engelsbrücke verpasst hätte. Blöderweise gab es hier keine Auffahrt für Fahrräder, so dass ich mein Fahrrad die steile Treppe hochtragen musste.

Oben angekommen fuhr ich an der Engelsburg vorbei in Richtung Vatikan. Hier sah ich dann mein Ziel zum ersten Mal.

 

Um 13:15 Uhr stand ich, nach 1.108km, 10.113 Hm und 58 Stunden und 14 Minuten im Sattel, am Ziel. Ich war im Vatikan, auf dem Petersplatz angekommen.

Nachdem ich den Moment genossen hatte, fuhr ich nach einer Weile zurück zur Engelsburg, um dem Pilgerbüro einen Besuch abzustatten. Vielleicht bekommt man ja als Radfahrer auch noch eine Karte für die Generalaudienz am Mittwoch. War klar, die hatten noch Mittagspause. Ich musste eine viertel Stunde warten. Es gesellte sich noch ein Pärchen zu mir, die auch darauf warteten, dass das Pilgerbüro öffnete. Kurz vor 14 Uhr wurde dann auch die Tür geöffnet und ich frage nach, ob ich als Radler, der über 1.000 km nach Rom geradelt ist, noch eine Karte haben könnte. Der Herr fragte mich, ob wir telefoniert hatten und ich klärte ihn auf, dass es Jürgen war, den ich auf meinem Weg getroffen hatte und ich während dessen Telefonats neben ihm stand. Und so bekam ich tatsächlich noch eine Karte für die Generalaudienz. Und was für eine, wie sich bald herausstellen sollte.

Zuerst fuhr ich zum Hotel Concordia, mitten in Rom. Das Hotel lag mitten in der Stadt und hatte Platz für mein Fahrrad und schön war es zudem noch. Was will man mehr, also außer einer heißen Dusche.

Nach der Dusche kaufte ich einen 3-Tages-Pass für die U-Bahn (hätte ich nicht gebraucht, da ich fast alles zu Fuß erreichen konnte) und fuhr zum Bahnhof Roma Termini, um dort meine Rückfahrt zu organisieren. Das stellte sich als recht kompliziert heraus. In Deutschland konnte ich das Ticket nicht kaufen, da die Deutsche Bahn keine Fahrradtickets von Rom aus verkaufte. Am Bahnhof konnte ich bei der italischen Bahn auch kein Fahrradticket kaufen, da es sich um einen Zug der Deutschen Bahn handelte. Eine schlecht gelaunte Dame an einem Infoschalter telefonierte etwas herum und gab mir eine Hotline-Nummer der italienischen Bahn, an die ich mich wenden sollte. Die Dame dort erklärte mir dann, dass ich zum Reisebüro "Agenzie 365" im Bahnhof gehen solle, dort könnte ich alles kaufen.

 

Gesagt, getan und 20 Minuten später hatte ich meine Fahrkarte, die Reservierung für den Liegewagen und die Reservierung für das Fahrrad in Händen. Auf Fahrkarten der Deutschen Bahn. Klasse Aktion!

        

Nachdem die Rückfahrt gesichert war fuhr ich zurück zum Hotel und kaufte erst einmal ein paar Lebensmittel ein. Anschließend schlenderte ich durch die Stadt, ich war ja schließlich in unmittelbarer Nähe des Trevi-Brunnen und der Spanischen Treppe. Die Spanische Treppe war leider wegen Restaurierung gesperrt. In einem nahegelegenen Restaurant aß ich noch etwas und trank ein bisschen Wein, bevor ich mich für heute ins Bett begab. Glücklich und stolz, am Ziel zu sein.

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