Mit dem Fahrrad auf dem Jakobsweg
11.06.2013 - Tag 3: Nájera - San Juan de Ortega (68km, 1.250Hm)

Um 6 Uhr weckte mich der Herr im Bett neben mir, so dass ich genügend Zeit an diesem Morgen hatte. Erstmal die ganzen Fußgänger ziehen lassen und in Ruhe ein Frühstück im nahe gelegenen Café eingenommen. Dabei habe ich den alten Mann wieder getroffen, der kurz vor dem Aufbruch stand. In Ruhe den Kaffee getrunken und anschließend zurück in die Herberge, um mein Gepäck aufzunehmen und mein Fahrrad zu holen. Und so fuhr ich, wieder als einer der Letzten, um 8:30 Uhr los, dem 3. Tag auf dem Camino entgegen.

Kurz nach dem Start sah ich sowohl den alten Mann, als auch die Frau aus Bad Hindelang auf dem Weg wieder. Noch ein freundliches "Buen comino", dann trennten sich unsere Wege. An diesem Tage verbannte ich den Reiseführer mit seinen ach so tollen Tipps für Fahrradfahrer und nahm im Großen und Ganzen einfach die für die Fußgänger beschriebene Route. Vorbei ging es an Feldern und Wiesen, manchmal auch entlang der vielbefahrenen N-120 (waren die weniger schönen Streckenabschnitte). In Santo Domingo de la Calzada wollte ich in einem Fahrradladen mal meine Schaltung anschauen lassen, aber irgendwie hat es nicht geklappt, weil 2 Stunden darauf warten, dass sich der Monteur mal meine Schaltung anschaut, darauf hatte ich jetzt auch kleine Lust. Da bin ich lieber weiter nach Granón gefahren und habe mir dort ein zweites Frühstück gegönnt.

        

Weiter ging es auf und ab, an Felder und Wiesen vorbei. Wegweiser zeigten einem meist den richtigen Weg, so dass es eine vergnügliche Fahrt war, auf der man den Kopf so richtig frei bekommen konnte. Und dann waren natürlich noch die kleinen Geschichten am Rande des Weges. Kurz nachdem ich das Örtchen Tosantos passiert hatte, ging der Weg ziemlich steil bergauf. Kurz bevor ich die Steigung erklommen hatte, sah ich eine junge Frau in einem Feld stehen, die versuchte, mit dem Handy ein Bild von sich mit einer Kapelle im Hintergrund zu machen. Und da es einfacher ist, wenn jemand anderer das Bild macht, stoppte ich und fotografierte die junge Dame mit ihrem Handy. Anschließend gingen wir noch eine Weile gemeinsam den Weg und plauderten so über dies und das. Sie erzählte, dass sie aus Kanada (ich glaube Vancouver) komme und selbständig sei und von daher Zeit hätte. Ihr Mann hätte nicht die Zeit, da er angestellt sei und so läuft sie den Camino alleine, um auch mal Zeit für sich zu haben. Sie müssen nur am 4. Juli in London sein, da sie dort einen Termin habe. Nach einer Weile trennten sich unsere Wege wieder, so ist das auf dem Camino. Zuvor hatte ich schon drei Österreicher aus Wien getroffen, die schon einige Zeit unterwegs waren, aber ausschließlich auf der Straße fuhren. Ich war froh, dass sich unsere Wege bald wieder getrennt hatten, weil sie waren schon arg anstrengend. Aber irgendwie richtig lange trennten sich unsere Wege nicht.

    

In Villafranca habe ich mich dann nochmals in einer Bar gestärkt, bevor es auf die letzte Etappe für heute ging. Da wurde es nämlich richtig hügelig und es ging auf und ab, so dass man teilweise auch schieben musste. Auf diesem Teil des Weges traf ich nur wenige Fußpilger. So dauerte es nicht lange, bis ich mein heutiges Ziel, San Juan de Ortega erreichte. Ich bekam auch noch ein Bett, so dass alles gut war. Erstmals wieder zum Duschen, Wäsche waschen und dann auf ein Bierchen in die nahegelegene Bar. Viel mehr Möglichkeiten hat man aber auch nicht. Der ganze Ort (wenn man ihn denn so nennen kann) besteht im Wesentlichen aus einer Bar, der Herberge und der Kirche. Etwas abseits ist noch ein weiteres Gebäude, in dem es wohl auch einige Betten gibt.

       

In San Juan de Ortega ist es schön beschaulich. So hatte ich auch Zeit, einen Geocache an den Kirche zu finden und mir auch die Kirche anzuschauen. OK, in der Herberge hat es schon leicht mufflig gerochen und unters Bett habe ich auch erst am nächsten Morgen geschaut (war besser so), aber sie hat ihren Charme. Während des Duschens habe ich mich mit einem Iren unterhalten (nicht in allen Duschkabinen waren Türen drin), der mit der gesamten Familie auf den Jakobsweg unterwegs war. Ich habe ihn nachher noch in der Bar wieder getroffen. Klar, wo sollte er auch anders hin. Während wir da so saßen, trauten wir unseren Augen nicht. Eine Pilgergruppe, die mit dem Bus diverse Stationen abfährt und zwischendurch ein kleines Stückchen läuft, hielt unter freiem Himmel eine Pilgermesse ab. War andererseits eine interessante Erfahrung, so etwas mal zu sehen.

 

Um 19:00 Uhr gab es dann endlich Essen in der Bar. Die Auswahl war jetzt nicht besonders groß, aber völlig ausreichend. Ich habe beim Essen eine amerikanische Familie getroffen, die ganz überrascht war, dass ich vor dem Essen nicht betete. Sie waren sehr gläubig und waren der Meinung, alle auf dem Jakobsweg sind wie sie. Wir haben uns trotzdem bei einer ordentlichen Portion Morcilla mit Quiche und Salat glänzend unterhalten. Nach dem Essen habe ich mich wieder raus unter die Schirme gesetzt und mit anderen Pilgern geplaudert. Und da waren sie wieder: Die drei Wiener saßen einen Tisch weiter und schwangen Reden.
Kurze Zeit später setzte sich ein Ehepaar aus Dresden zu mir an den Tisch. Für ihn war es der letzte Abend, da sein 3-wöchiger Urlaub vorbei war und er am Tag darauf in Burgos das Flugzeug nah Hause nehmen musste. Seine Frau hatte ein Sabbatjahr genommen und wollte den Weg bis Santiago de Compostela laufen. Wir sprachen über dies und das und kamen darauf, dass ich noch keine Muschel hatte. In der Bar hatten sie zwar welche, aber in einer Bar wollte ich mir jetzt doch keine kaufen. Die Frau meinte noch, dass sie in der Herberge sicher auch welche hätten, aber das stellte sich dann doch als nicht ganz korrekt dar. Auch egal, ich bekomme meine Muschel schon noch.

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