Mit dem Fahrrad auf dem Jakobsweg
10.06.2013 - Tag 2: Estella - Nájera (88km, 1.370Hm)

Was für eine angenehme Nacht! Im Juni sind zum Glück noch nicht so viele Frühstarter (die um 4 oder 5 Uhr morgens loslaufen, um früh in den Herbergen zu sein) unterwegs, so dass bis ca. 6 Uhr Ruhe war. Noch etwas liegen geblieben, alles gepackt und dann zusammen mit den noch anwesenden Pilgern gefrühstückt. Als Vorletzter habe ich dann um 8:30 Uhr die Herberge verlassen und bin guten Mutes und bei deutlich besserem Wetter als am Tag zuvor den bevorstehenden Anstieg nach Villamayor de Monjardín angegangen.

Nach kurzer Zeit erreichte ich die Weinkellerei "Bodegas Irache", an deren Quelle man nicht nur seinen Wasservorrat auffüllen, sondern auch einen Schluck Rotwein trinken kann, der kostenlos aus der Quelle kommt. Ich habe nur einen Schluck getrunken, ich wollte ja noch ein Stückchen weiter kommen. Manche der Pilger haben sich ganze Flaschen voll gemacht, weil ist ja umsonst. Kann ich zwar nicht ganz verstehen, aber naja. An der Quelle war auch noch ein sonderbarer Pilger anzutreffen. Im Kostüm eines Tempelritters mit Weidekorbrucksack stand er vor der Quelle und hat seine Weisheiten zum Besten gegeben. Ob er weiter gelaufen ist oder nicht, wer weiß.

     

Kurz nach Irache habe ich einen anderen Radler aus Bonn getroffen. Irgendwie war er nur am Schimpfen! Egal ob über Air Berlin, weil sie seinen Flug verschoben hatten oder über das hügelige Gelände und überhaupt den Anstieg nach Villamayor. Wenn er das alles gewusst hätte, dann wäre er gar nicht erst aufgebrochen, sondern wäre gleich daheim geblieben. Nach einigen Kilometern trennten sich zum Glück dann unsere Wege. Ob er weitergefahren ist, habe ich nie erfahren, ich glaube auch, es hat mich auch seinerzeit weniger interessiert.

 

Nachdem dem Anstieg nach Villamayor de Monjardín ging es abwärts weiter durch schöne Landschaften nach Los Acros und Torres del Rio weiter nach Logrono. Rund um die Kathedrale war ein Mittelaltermarkt aufgebaut und der Jakobsweg ging mitten hindurch. An radeln war natürlich nicht zu denken und so musste ich mein Fahrrad schieben. War stellenweise zwar etwas schwierig, da die Gassen voll waren, aber ein Erlebnis. Nach dem Mittelaltermarkt war es als Radler allerdings schwierig, die Jakobsmuscheln zu erkennen. Diese waren auf dem Gehweg montiert und so konnte man sie als Radler, der nicht auf dem Gehweg fahren wollte, nur schwer erkennen. Hat ein paar extra Kilometer eingebracht, auf die kam es aber eigentlich auch nicht mehr drauf an. Durch den Park und am Stausee vorbei waren jede Menge Fußgänger, Radler und Familien unterwegs. Und so ging's weiter nach Navarrete. Irgendwie habe ich anschließen eine falsche Abzweigung genommen und bin irrtümlicherweise in Sotés gelandet. Und da ich schon mal da war, dachte ich, ich könne dort auch gleich übernachten. Vier nette Spanier erklärten mir auch einen Weg zu einer Übernachtungsmöglichkeit, nur da war keine. Also blieb mir nichts weiter übrig, als nach Nájera weiter zu fahren. Zum Glück ging's ab jetzt meist bergab.

Um 16 Uhr erreichte ich die städtische Herberge in Nájera. Der Hospitalero, ein Deutscher, erklärte mir, dass erst die Fußgänger dran wären und dann erst die Fahrradfahrer und so könne er mich erst um 17 Uhr aufnehmen. Aber ich würde in jedem Fall ein Bett bekommen, notfalls in der Sporthalle. Wie ich später erfahren habe, waren die anderen Herbergen voll, in Nájera kommen irgendwie alle Pilger wieder zusammen, komisch. Ich ließ mein Gepäck an der Rezeption zurück und trank in der nahegelegenen Bar ein Bier. Dabei lernte ich einen älteren Herrn, so um die Mitte 70 vielleicht, kennen, der ab Estella in 5 Tagen nach Nájera gelaufen war. Er komme pro Tag so um die 10-15km, er möchte aber auch mal einen Teil des Jakobsweges gehen. Er erzählte, dass er seit Jahrzehnten beim Freundeskreis der Jakobspilger in Paderborn tätig ist, bislang aber noch nie auf dem Jakobsweg unterwegs war. Wir trafen uns später am Abend nochmals.
Ich ging zurück zur Herberge, richtete mein Bett und wusch meine Klamotten. Da die Schaltung meines Fahrrades nicht mehr ganz ordnungsgemäß funktionierte (ich hatte es vor der Reise extra überprüfen lassen), reinigte ich selbige und fettete sie neu.
Nach dem Abendessen traf ich den alten Mann wieder, wir tranken ein Bier zusammen und plauderten. Dann gesellte sich noch einen Dame zu uns, sie kam aus Bad Hindelang (ungefähr 40 km von mir entfernt) und hatte von ihrer Familie, wie sie sagte, 6 Wochen frei bekommen, um den Camino Francés zu gehen. Sie war schon einige Zeit unterwegs und empfand es als große Freude, mal machen zu können, zu was sie Lust hat. 

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