Mit dem Fahrrad auf dem Jakobsweg
16.06.2013 - Tag 8: Rabanal del Camino - Villafranca del Bierzo (65km, 960Hm)

Beim Frühstück ein Pärchen aus Duisburg getroffen. Die beiden waren erst seit 3 Tagen unterwegs und sie konnte kaum mehr laufen. Und das, obwohl sie nach eigenen Angaben zuhause ständig auf den Beinen und unterwegs ist. Spöttisch kommentiert von ihm, dass ihre Ausflüge sich doch nur auf's Shoppen beschränken. Ob sie es nach Santiago schaffen werden?

        

Und wieder als einer der Letzten um 8 Uhr los gekommen. Da die Straße kaum befahren war und in allen Reiseführern stand, dass man als Radfahrer besser die Straße nimmt, da der Fußweg teilweise nicht befahrbar ist, habe ich mich für diese Variante entschieden. Die Auffahrt zum ersten "Höhepunkt" oberhalb von Foncebadon war in etwa einer Stunde geschafft. Oben angekommen, wurde man mit einer grandiosen Aussicht belohnt. Diese war einfach grandios und ich bin eine ganze Weile einfach stehen geblieben, um alles auf mich wirken zu lassen.

Anschließend ging es mit leichtem Auf und Ab zu einem der Höhepunkte der Reise, zum "Cruz de Ferro". Auf dem Weg dahin traf ich Rutger wieder, der genau in dem Moment die Straße querte, in dem ich auch dort vorbei kam. Irgendwie habe ich mir das "Cruz de Ferro" anders vorgestellt, aber es war trotz allem faszinierend. Natürlich hatte ich auch einen Stein von zuhause mitgenommen und am Fuße des Kreuzes abgelegt. Man sagt ja, dass man den Stein stellvertretend für die Dinge dort ablegt, die einem belasten.

Nach Manjarin fuhr ich nochmals kurz aufwärts. Bei Tomás, der seit 1993 mit seinen Kampfgefährten das Stück Land "belagert" und in der Tradition der Tempelritter die Pilger hier versorgt, habe ich mir dann meine große Jakobsmuschel gekauft. Die kleine Muschel, die ich von der Frau aus Dresden geschenkt bekommen habe, bedeutet mir aber trotz allem mehr. Der Kaffee, den man hier bekommt, gibt's gegen eine Spende. Hier traf ich dann auch Pietro mit seinem Handbike wieder. Er gab mir noch den Tipp, in Villafranca nicht in die Herberge "Ave Fenix" zu gehen, da er das Jahr zuvor dort mit Bettwanzen zu tun gehabt hat. Ob es dieses Jahr immer noch so ist? Keine Ahnung, man muss es ja nicht provozieren.

     

Weiter ging's nach El Acebo, einem kleinen malerischen Ort, in dem es ein Denkmal für einen tödlich verunglückten deutschen Radfahrer gibt. Es war faszinierend, wie eigentlich an jeder Gedenkstätte für einen gestorbenen Pilger auf dem gesamten Weg: Nahezu jeder Pilger hielt kurz an und gedachte dem armen Kerl. So etwas habe ich in dieser Form noch nie erlebt.

Kurz vor Riego de Ambrós war mir das Sträßchen dann doch zu langweilig und ich bog, entgegen der Empfehlung des Reiseführers, doch auf den Fußweg ab. Um diese Zeit waren wenig Fußgänger auf diesem Streckenabschnitt unterwegs und mit den Fußgängern, die ich angetroffen habe, konnte man sich immer gut arrangieren. Und der Weg hat mir dann so richtig Spaß gemacht. Schnell fahren konnte ich zwar nicht, aber das war auch nicht nötig, so konnte ich den Spaß länger genießen. Bis auf das kleine Ungemach, was auf dem Weg passiert ist. Plötzlich war mein Gesäß nass. Erst fragte ich mich, wie das sein konnte, doch dann wurde es mir schnell klar. Meine Wasserblase im Rucksack hat der Belastung nicht Stand gehalten und ist an der Naht aufgerissen. Das ganze Wasser ist dann eben über mein Gesäß geflossen. Klasse. Hose nass, Rucksack nass. Wobei ich Glück hatte: Mein Rucksack hat ein extra Fach für die Wasserblase und von daher war nur ein kleines Stück am Rucksackboden nass, die Klamotten und der ganze Rest war trocken geblieben. Und bei den herrschenden Temperaturen war auch die Hose bald wieder trocken.

Nach der Querfeldeineinlage ging's dann wieder brav zurück auf die Straße und weiter über Molinasca nach Ponferrada. Im Schatten der Templerburg in einer Bar kurz Rast gemacht und etwas gegessen, bevor es zur Schlussetappe des heutigen Tages in Richtung Villafranca del Bierzo ging.

Auf und ab, vorbei an Wiesen und Feldern und durch die unterschiedlichsten Ortschaften kam ich meinem Tagesziel immer näher. Die Temperaturen waren zwischenzeitlich auf rund 30°C gestiegen, so dass es teilwiese schon ziemlich anstrengend war. In Villafranca angekommen, fuhr ich die Herberge "Alberque de la Piedra" an. Dazu musste ich an der städtischen Herberge und an der Herberge "Ave Fenix" vorbei in den Ort fahren. Leider war meine Wunschherberge schon komplett belegt, der Hosteliero rief jedoch in der städtischen Herberge an und reservierte mir ein Bett. Für mich bedeutete dies jedoch, den Berg wieder nach ober zu fahren. Die Herberge stellte sich dann als der letzte Schuppen heraus. Zwar gab es eine Küche, aber keine Bar, nichts außer einem Getränkeautomaten draußen auf der Veranda. Zum Glück war's in den Ort nicht all zu weit und es gab zumindest keine Bettwanzen.

Abends beim Essen bin ich dann mit einem Ehepaar aus Frankfurt ins Gespräch gekommen. Hat mich richtig geschockt, als die Frau erzählt hat, wie viel Schmerzmittel sie täglich nimmt, um weiterlaufen zu können. Nach dem Essen habe ich mir noch etwas den Ort angesehen und mich dann noch, zum Tagesabschlussbier, in eine Bar gesetzt. So etwas Unglaubliches hatte ich noch nie erlebt: Das Bier war so kalt, dass sogar der Schaum gefroren war. Da wusste ich, dass es jetzt wohl besser war, den Tag zu beenden und ins Bett zu gehen.

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