Mit dem Fahrrad auf dem Jakobsweg
15.06.2013 - Tag 7: Léon - Rabanal del Camino (72km, 700Hm)

Die Nacht war furchtbar! Die Franzosen und Spanier führten sich auf wie Rotz am Ärmel. Keine Rücksichtnahme auf nichts. Aber so kennt man sie halt. Ab 5:30 Uhr hat der Franzose unter mir seine Sachen gepackt. Jedes einzelne Stück hat er in ein Plastiktüte (ja in die, die so schön rascheln) verpackt. Um kurz vor 6 Uhr hat dann ein Holländer das Licht im kompletten Schlafsaal mit der Begründung eingeschaltet, es wäre gleich 6 Uhr. Super Begründung! Der Franzose unter mir hat sich dann wortreich entschuldigt, dass er die ganze Nacht so geröchelt habe, aber er sei nun mal erkältet. Ich habe darauf verzichtet, etwas wegen den Tüten zu sagen, weil das Röcheln habe ich nicht gehört. Da ich eh schon wach war habe ich meine Sachen gepackt und bin frühstücken gegangen und habe noch etwas mit den Holländern von Vortag geplaudert. Um 7:15 Uhr bin ich dann los gefahren. Rekord, so früh war ich noch nie dran!

    

Die erste Station für heute war Hospital de Órbigo. Leider habe ich auch hier irgendwie die Abzweigung der Alternativroute verpasst, so dass mir "nur" der klassische Jakobsweg blieb. War aber auch egal, weil der Anblick der Brücke in Hospital de Órbigo war überwältigend genug. An der Herberge noch einen Stempel in den Pilgerpass gedrückt. Nach einiger Zeit wurde die Landschaft wieder grüner.

        

Am Wegkreuz von Santo Toribo habe ich noch eine Rast eingelegt, bevor es nach Astorga weiter ging. In Astorga dann die Kathedrale und der Bischofspalast von Gaudi bewundert. Schon verrückt, was die Spanier da in so einen kleinen Ort bauen. Der Bischofspalast sieht eher aus wie ein Disneyschloss.

Weiter ging's durch die grüne und blühende Landschaft. In Murias de Rechivaldo spielte ein alter Mann direkt neben der Quelle auf seiner Gitarre. Schön war der Gesang nicht, aber ich muss ja nicht lange bleiben, sondern habe nur meine Wasserflaschen wieder gefüllt. Teils auf Landsträßchen, teils auf Schotterpisten ging es dann nach Castrillo de los Polvozares. Der Ort wurde erst 1976 im traditionellen Stil komplett restauriert, was man auch spürt. Dem Dorf fehlt die Seele, alles kalt und künstlich.

Auf Schotterpisten ging's weiter bergauf und bergab, bis ich wieder auf eine kleine Landstraße traf. In El Ganso machte ich Rast in einer Bar, bevor ich mich auf die letzten Höhenmeter bis Rabanal del Camino machte.

        

Dort fand ich dann ein Bett in der Herberge "El Pilar". Der Schlafsaal war zwar wieder recht groß, aber wie sich später herausstellen sollte, halb leer. Unmittelbar nach mir kam Pietro an, ein Querschnittsgelähmter, der die ganze Strecke mit dem Handbike gefahren ist. Nachdem mein Bett für die Nacht hergerichtet war und ich den Schlafsaal verließ, traf ich Rutger aus Holland. Er war auch gerade erst angekommen und so tranken wir zusammen ein Bier auf die erfolgreiche Ankunft. Da die Bedingungen optimal waren, erst mal Großwäsche gemacht. Abends sind wir dann noch gemeinsam Essen gegangen. Rutger war relativ kurzfristig aufgebrochen und so war er etwas überrascht, dass der nächste Geldautomat zwei Tagesmärsche (egal in welche Richtung) entfernt war. Das ist aber das schöne am Jakobsweg, man hilft sich gegenseitig. Den Pilgergottesdienst haben wir dann verpasst, weil wir zu spät an der Kirche ankamen. Nachdem ich ein Jahr später erfahren habe, was einer Mitpilgerin dort passiert ist, war es glaube ich gar nicht so schlecht, dass wir so spät kamen.

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