Mit dem Fahrrad auf dem Jakobsweg
13.06.2013 - Tag 5: Hontanas - Sahagún (97km, 650Hm)

Bei Frühstück traf ich Moni wieder. Sie hatte den Reiseführer auf ihr Handy geladen hatte und Schwierigkeiten hatte, sich damit zurecht zu finden. Somit war das Thema beim Frühstück auch gefunden. Moni brach dann auf und auch ich holte meinen Rucksack, um irgendwann mal los zu kommen. Oben an der Bank traf ich Dirk wieder, der sich auch gerade mit mächtig viel Sonnenschutz eincremte. Wir verabschiedeten uns und so gegen 8 fuhr ich dann los. Auf den ersten Kilometern überholte ich mit dem Fahrrad alle Pilger, die ich am Abend vorher kennen gelernt hatte. Ein freundliches "Buen camino", ein letztes Winken und ein letzter Blick, ich habe keinen mehr wieder gesehen, aber in netter Erinnerung behalten.

       

Kurz nach dem Start erreichte ich auch schon die Ruine des Klosters San Antón. Da sich dort ein Cache befand, trug ich mich unter den wachsamen Augen eines umherlaufenden Hundes ins Logbuch ein und fuhr weiter. Auf den Weg begleitete mich eine ganze Zeit ein Hund, der am gegenüberliegenden Straßenrand brav neben mir herrannte. Bis er plötzlich stoppte, es war wohl seine Reviergrenze. Also fuhr ich alleine weiter zum nicht zu unterschätzenden Aufstieg (12% auf 1,2km) auf den Tafelberg bei Castrojeriz. Oben angekommen genoss ich erst einmal die Aussicht, um mich dann auf die Abfahrt mit 18% Gefälle zu machen. Blöderweise hatte ich vergessen, meine Federgabel wieder herauszudrehen. Die Abfahrt war kein Spaß, der Rucksack hat ganz schön über den Kopf geschoben. Ich war froh, als ich unten war, auch wenn die Strecke nicht allzu lange war.

Kurz vor Iteri de la Vega machte ich Rast und traute meinen Augen nicht. Den Bus kannte ich doch. Klar, das war der Jungs und Mädls, die in Don Juan de Ortega die Freiluftmesse abgehalten hatten. Der Busfahrer hatte sie in der Nähe abgesetzt und wartete jetzt hier auf die Ankunft der Pilger. Also nichts wie weg.

        

Anschließend ging's beschaulich, aber eigentlich unspektakulär, teilweise auf Schotterpisten oder am Kanal entlang weiter bis nach Frómista. Hier war dann der Kanal mit seinen Stufen zu bewundern. Auf diesem Weg sah ich auch eine Pilgerin mit ihrem Esel. Sie war von Frankreich her unterwegs auf dem Weg nach Santiago de Compostela.

Ab hier begann jetzt die mit EU-Gelder geförderte "Pilgerautobahn". Für Pilger zu Fuß muss dieser Streckenabschnitt unangenehme sein, für Fahrradfahrer geht es, weil man relativ schnell durch ist. Aber kilometerlang neben einer (wenn auch nicht allzu stark befahrenen) Landstraße herzulaufen, muss auf's Gemüt schlagen. Ich hätte die "Pilgerautobahn" gerne umfahren, habe aber mal wieder irgendeine Abzweigung verpasst. Mit dem Erreichen von Carrión de los Condes ist auch die Pilgerautobahn vorbei. Da sich die Beine noch gut anfühlten, ich noch früh dran war und der Ort eher als tot bezeichnet werden kann, beschloss ich, nach Sahagún weiter zu fahren.

    

Ab jetzt ging's dann auf die für Fußpilger besonders belastende Strecke. Kilometerweit durch die Meseta, ohne Schatten und Schutz, immer gerade aus. Heute ging's aber, der Himmel war bewölkt, die Temperaturen bei angenehmen 20°C, so lässt sich's aushalten. Und am Ende der langen Strecke dann wie eine Fata Morgana, erscheint Calzadilla de la Cuezza mit einer Bar (und einer Herberge). Für mich ging's weiter in Richtung Sahagún. Teilweise wieder entlang der N-120. Die meisten Fußpilger waren an dieser Stelle schon ziemlich am Ende ihrer Kräfte und so erhielt man meist nur noch ein Kopfschütteln oder eine ganz leise Antwort, wenn man ihnen "Buen comino" zurief. Endlich erreichte ich Sahagún.

    

Da die städtische Herberge noch ca. 1 1/2 Stunden geschlossen hatte, beschloss ich, die Herberge "Monasterio de Santa Cruz Benedictinas" aufzusuchen, fuhr aber am Eingang vorbei und setzte mich am Ende des langen Gebäudes erst einmal hin. Dort traf ich drei Österreicher, die den ganzen Weg von zuhause bereits gelaufen waren (gestartet am 20. März bzw. 1. April). Einer von ihnen war arbeitslos geworden, der andere hatte sich eine Auszeit genommen und der Dritte hatte seine Selbständigkeit ruhen lassen, um diesen Trip zu machen. Losgelaufen sind sie alle alleine und haben sich auf dem Weg getroffen. Übernachtet haben sie unter freiem Himmel, teilweise tagsüber, damit sie nachts laufen konnten und so der Hitze entgehen konnten. Nach einer Weile sind sie losgezogen und ich habe den Eingang zur Herberge gesucht. Bald war er gefunden und ich habe ein Bett bekommen. Zunächst war ich sogar ganz allein im Zimmer. Bis ca. 19 Uhr, da hörte ich aufgeregtes Geschnatter im Zimmer nebenan. Deutsch, Englisch, Spanisch, ein wilder Kauderwelsch. Und dann kam sie: Rosi. Da sie kein Englisch konnte, war ihr die Gesellschaft der Amerikaner im Zimmer nebenan unangenehm und so hatte sie durchgesetzt, umzuziehen. Ab da hatte man keine ruhige Minute mehr. Sie erzählte dann, dass sie nach dem Tod ihres Mannes eines Nachts aufgewacht sei und wusste, dass sie den Jakobsweg laufen musste. Das hatte sie dann auch getan, war dem Freundeskreis der Jakobspilger in Paderborn beigetreten und hatte es jetzt ganz wichtig, dass sie die Zustände dieser Herberge beim Freundeskreis publik macht. Also ich fand, sie eine der besten Herbergen auf dem ganzen Weg! Vor allem ihr Sing-Sang konnte einem auf die Nerven gehen. Außerdem vertrat sie vehement die Position, dass der Jakobsweg den Fußgpilgern gehört und Radfahrer ausschließlich auf der Straße zu fahren haben. Zudem seien Radfahrer ja eh keine Pilger. Aber die eine Nacht sollte doch auszuhalten sein. Hoffentlich...

Nach dem Duschen und dem obligatorischen Wäsche waschen war es dringend notwendig, das Fahrrad mal wieder zu putzen und neu zu fetten. Der Staub in der Meseta hatte sich überall dazwischen gesetzt. Anschließend ging ich ein bisschen in der Stadt bummeln und war überrascht, dass in Sahagún eine Stierhatz für diesen Abend geplant war. Ich hatte allerdings mehr als 5 junge Stiere erwartet, die relativ gelassen hinter ein paar jungen Männern herliefen, die 50 bis 100m vor den Stieren ihren "Mut" bewiesen.
Nach dem "Spektakel" ging ich noch etwas Essen und freute mich dann auf mein Bett. Aber Rosi war schon da und ließ nicht locker. Und so musste ich mir den Schmarrn noch einige Zeit anhören, bis ich endlich einschlief.

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