Mit dem Fahrrad von Helsinki nach Oslo
20.06.2024 - Tag 6: Uppsala - Ängelsberg (106 km, 737 Hm)
Der Wetterbericht hatte sich gegenüber gestern nicht verändert und sagte strammen Wind aus West voraus. Als war ich gleich um 7:00 Uhr bei Frühstück und füllte meinen Kohlehydratspeicher wieder auf. Dauert immer etwas und so startete ich um 8:00 Uhr auf meine heutige Etappe.

Das Hotel hatte, neben dem Fön, um die Klamotten trocken zu bekommen, den Vorteil, dass ich nur wenige 100m radeln musste, um Uppsala hinter mir zu lassen.

Ich freute mich schon, dass ich die viel befahrene Ausfallstraße bald hinter mir lassen konnte und auf ein ruhiges Nebensträßchen mit Radweg abbiegen konnte. Leider währte die Freude nur kurz, in Vänge ging es bereits zurück auf die Kreisstraße 72. War aber eigentlich nicht weiter schlimm, das westlich von Uppsala der Verkehr dramatisch abnimmt. Selbst Blitzer am Straßenrand tauchen keine mehr auf.

In Vänge kam ich erst an der Vänge kyrka vorbei und ca. 20 Minuten später dann an der Ålands kyrka mit den abgesetzten Glockenturm aus Holz.

Zwischen Järlåsa und Vittinge tauchten am Straßenrand einige große Satellitenschüsseln auf. Für einen Fernseh- oder Internetempfang sind sie eigentlich zu groß und vor Ort ist "nur" eine Firma, die Gravuren anfertigt. Es bleiben Fragen, die nicht beantwortet werden, es bleibt mysteriös.
Eigentlich wäre es jetzt langsam mal Zeit für ein zweites Frühstück gewesen. Aber irgendwie hatte ich heute kein Glück bzw. ich war zu früh dran. Entweder das Café hatte noch nicht offen oder aber es tauchte nur ein "Candy-Shop" auf.

Ich fuhr also weiter in Richtung Heby, wo ein Café sein sollte. Die Landschaft war wieder so wie immer, aber die Wolken zeichnete ein tolles Bild am Himmel. Hat richtig Spaß gemacht, in dieser Kulisse zu radeln.
Irgendwie stellt ich mich in Heby zu blöde an, das Café zu finden und so landete ich auf einem Plastikstuhl an der Tankstelle, um mich zu stärken. War unkompliziert und ging recht schnell. Also ich wieder losgefahren war, sah ich auf der gegenüberliegenden Seite das Café. Tja, schade eigentlich...

Kurz vor Sala fuhr ich auf dem Radweg entlang, als mein Navi mir anzeigte, dass ich links abbiegen sollte. Erst schaute ich verdutzt, aber das war wirklich ein offizieller Radweg. OK, nicht für Rennräder gemacht und auch etwas seltsam durch eine winzige Unterführung die Bahnlinie mitten im Nirgendwo zu kreuzen, aber andere Länder, andere Sitten. Ich zog es vor, das Rad zu schieben.

Auf der anderen Seite, als ich an der Straße angekommen war, sah ich auch den Grund für diese Unterführung: Ein Bushaltestelle für die Bewohner der wenigen Häuser jenseits der Bahnlinie.

Dann erreichte ich auch schon Sala. War eigentlich ein nettes kleines Städtchen mit einer schönen Fußgängerzone. Vor der Kirche machte ich eine kurz Pause und genoss ein Eis, um dann wieder den Hügel hoch zu radeln.

Als der Radweg in ein Naturreservat führte, konnte ich die Straße verlassen, auch wenn dies eine kurzes Stück auf einem Kiesweg bedeutete.

Der Wind war zwischenzeitlich schon ziemlich heftig (pünktlich, wie von der Wetter-App vorhergesagt) , natürlich die meiste Zeit genau von vorne. Das kostete zum einen Kraft, zum andern musste ich die ganze Zeit aufpassen, dass ich nicht von einer Böe aufs Bankett gedrückt wurde. Dabei wurde ich unter anderem von einem windigen Gesellen am Straßenrand beobachtet, der wohl seinen Briefkasten verloren hatte.

So ging es auf ruhigen Sträßchen durch die Landschaft. Ab und an tauchten auch mal gerodete Flächen auf, auf denen noch einige hohe Bäume standen. Die schwedische Art, wieder aufzuforsten. Mal haut alle Bäume weg und lässt einige Samenbäume stehen. Den Rest erledigt die Natur. OK, die Baume stehen dann nicht so schön in Reih und Glied, wie es ein Deutschland der Fall wäre, aber ein sehr effiziente Methode.

Dann, kurz vor 15:00 Uhr sah ich zum ersten Mal ein Straßenschild, auf dem "Ängelsberg", mein heutiges Etappenziel stand. Es konnte also nicht mehr weit sein.

Ab erst einmal galt es, noch einige Höhenmeter zu machen und bergauf zu fahren. Das gemeine daran war, dass immer, wenn man dachte man erreicht gleich den höchsten Punkt, ein weiterer Anstieg hinter der Kuppe wartete.

Zwischendurch mal wieder ein Dorf-Informationszentrum am Straßenrand: Briefkästen (Empfang und Versand) und ein Anschlagsbrett mit allerlei Aushängen.

Dann ging es hinab nach Ängelsberg am See Åmänningen, meinem heutigen Ziel. Da ich etwas früh dran war, hielt ich am einzigen Café des Ortes, dem
Nya Serveringen. Hier war es traumhaft zu sitzen, unter dem Pavillon mit Blick zum See. Das Sandwich war einfach, aber gut und die kalte Cola schmeckte eh nach der anstrengenden Etappe. Danach noch einen Kaffee und ich war ganz der Alte. Der Wirt war voll nett, er bot mir sogar an, meine Wasserflachsen mit frischen Leitungswasser zu füllen. Ich lehnte dankend ab, da ich nur noch ca. 700m zu fahren hatte.

Frisch gestärkt macht ich mich auf die letzten Meter zu meiner heutigen Unterkunft, dem Ängelsberg Hostel. Von meinem Balkon hatte ich einen tollen Blick auf den See und der Garten war einfach traumhaft.

OK, das Zimmer war jetzt nicht gerade groß und komfortabel (ich konnte nicht aufrecht stehen und musste beim Einzug erst einmal eine fett Spinne auf dem Kopfkissen nach draußen befördern), aber für eine Nacht sollte es ausreichen. Zumal mein Fahrrad bei mir im Zimmer unterkommen konnte. Es gab auch Handtücher (gegen Aufpreis), so dass ich im Hauptgebäude, in dem sich auch die Küche befand, duschen konnte. Blöd nur, dass ich, als ich unter der Dusche stand feststellte, dass ich mein Handtuch im Zimmer vergessen hatte. Aber es gibt ja bekanntlich für alles eine Lösung.

Nachdem ich geduscht und wieder ausgehfertig war, erkundete ich den kleinen Ort Ängelsberg. Hier war so wenig los, dass sogar Schlangen gefahrlos die Straße überqueren können. Bei meiner Reisevorbereitung dachte ich noch, dass sie mich veräppeln wollten, als ich las, dass man in Schweden viele Schlangen sieht (auch auf den Straßen). Aber scheinbar war es tatsächlich so.

Am See boten sich schöne Aussichten, vor allem die Ulvaklev Villa war schön anzuschauen. Leider ist sie bewohnt, so dass man die Villa nicht aus der Nähe anschauen konnte.

Obwohl in Ängelsberg nur 90 Menschen leben (Stand 2015), haben sie einen Bahnhof, an dem die Gleisüberquerung recht unkompliziert ist. Da steht auf den Schild einfach "Achten Sie auf Züge" und gut ist. Funktioniert in Schweden scheinbar einfacher als daheim.

Nach dem Rundgang im Örtchen war es Zeit, sich um das Abendessen zu kümmern. Da hier kein Restaurant in der nähe war (da nächste war in Norberg, aber da hätte ich mit dem Zug hinfahren müssen, war heute selbst kochen angesagt. Da ich in meinem Rucksack nicht viel transportieren konnte, gab es heut Nudeln mit Pesto. In der Küche richtete noch eine Familie mit zwei kleinen Kindern, die das Zimmer direkt unter mit hatten, das Essen. So saßen wir dann alle vor dem Haus im Garten und aßen und hatten einen schönen Abend.
Langsam wurde es Zeit, zurück zum Zimmer zu gehen und den Tag zu beenden. Auf die Dämmerung braucht man nicht zu warten, hier war es ziemlich lang hell (auf dem Foto war es 22:30 Uhr). Dafür wurde ich mit einem tollen Blick auf den Garten und den See belohnt. Es war schon eine schönes Fleckchen Erde. hier.










